01 – Fort mit der Fälschung! 175 Jahre Nietzsche
Eine temporäre Installation vom 10. bis 30. November 2019
im Kunst- und Prokjektraum Kiosk am Reileck – HerrFleischer e.V.
Am 15. Oktober 2019 jährte sich Nietzsches Geburtstag zum 175. Mal. Was für eine gewaltige und suspekte Figur: Nietzsche! Darf man einen Philosophen öffentlich thematisieren, der vom NS-Regime derart vergöttert und instrumentalisiert wurde? Im Zentrum der Debatte um seine Person steht das ihm untergeschobene Werk „Der Wille zur Macht“.
Ein Buch, das brandgefährlich noch immer durch die Welt geistert. Nietzsches Schwester hat darin Textfragmente ihres Bruders nach eigenem Gutdünken kombiniert und sinnentstellt. Sie hat den Nachlass verwaltet und verunstaltet und seinen Namen für ihre Weltsicht missbraucht.
Wie gefährlich sind Lüge und Fälschung, was kosten sie? Weltweit werden sie nach wie vor vertrieben und zitiert. Zeit zum Ausmisten – fort mit dem Falschen! Gelegenheit, sich mit dem originalen Nietzsche zu beschäftigen.
10. bis 30.11.2019 | Eine Installation von Stephan Arnold
02 – Rede zur Vernissage
Wir haben uns heute hier zusammengefunden, um Abschied zu nehmen.
Abschied von einer Fälschung, die Gift ist für die Welt.
Die anhaltend brandgefährlich ist, denn Lügen verbreiten sich schneller als die Wahrheit!
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Es ist ein Werk, das einem großen Philosophen zugeschrieben wird, der nicht sein Autor ist. Nach seinem Tode wurde es auf den Markt gebracht und ist für seine Produzenten fortwährend profitabel. Seine Berühmtheit und Glaubwürdigkeit hat das Buch erschlichen und gründet darauf seine Wirkung. Als „Hauptwerk“ brüstet es sich selbst, ist aber doch nur eine verhackstückte, zusammengewürfelte Collage von Textstücken, die seinen Herausgebern in Ideologie und Weltbild passten. Das Buch „Der Wille zur Macht“ diente Nationalsozialisten, Antisemiten, Attentätern, Terroristen zur Rechtfertigung und als Ansporn. Und es dient ihnen immer wieder aufs Neue. Zeit aufzuräumen!
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Lassen wir Gras darüber wachsen und die Wunden verheilen! Übergeben wir das Buch den Schreddern, den Häckslern und den Verwertern, damit daraus ehrliche, diskussionswürdige Dinge entstehen! Helfen wir der Wahrheit zurück ans Licht!
Was muss man mit einem Buch anstellen, damit sich herumspricht, damit deutlich wird, dass es angreifbar ist, umstritten, nicht verkäuflich?
Es verbrennen?
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Bücher gehören nicht öffentlich verbrannt. Denn damit verbrennt man die Worte, Gedanken, Ansichten seines Autoren, Autorinnen. Und man verbrennt sie selbst, symbolisch als unverhohlene Drohung, ihnen nach dem Leben trachten zu wollen.
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Aber ist eine Fälschung überhaupt ein Buch? Hat sie einen Autor? Der, dessen Namen es trägt, ist es jedenfalls nicht. Er hat es nicht zusammengestellt, nicht autorisiert, nicht in Druck gegeben. Dieses Feuer verzehrt keinen Nietzsche. Es tilgt eine Fälschung – Lüge zu Asche, Staub zu Staub!
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Erinnern wir uns im Schein der Flamme an die Opfer dieser Fälschung. Kann ein Buch Schuld auf sich laden? Und welches Recht schützt Autoren, Urheber nach ihrem Ableben vor den Auswirkungen von Plagiate und Fälschungen? Bringen wir Licht ins Dunkel!
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Aus der Halleschen Erklärung der Vielen:
„Als Kulturschaffende in Deutschland stehen wir nicht über den Dingen, sondern auf einem Boden, von dem aus eines der größten Staatsverbrechen der Menschheitsgeschichte begangen wurden. Kunst wurde als „entartet“ diffamiert und Kultur flächendeckend zu Propagandazwecken missbraucht. Millionen Menschen wurden ermordet oder gingen ins Exil, unter ihnen auch viele Kunstschaffende.“
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Stephan Arnold, 15.11.2019
03 – Nietzsche und „Der Wille zur Macht“
Friedrich Nietzsche und der „Wille zur Macht“ – ein paar Bemerkungen.
von Dr. David Johst
Die größte Tragik im Leben Friedrich Nietzsches besteht vielleicht darin, dass jene Person, gegen die er eine so tiefe Abneigung empfand und von der er sich doch nie lösen konnte, zu der er trotz aller Brüche immer wieder reumütig und gehorsam zurückkehrte, dass diese Person am Ende zu seinem Schicksal wurde. Die Rede ist von Elisabeth-Förster Nietzsche, Schwester Nietzsches und spätere Herausgeberin seines Werkes.
In seinem Nachlass finden sich mehrere Briefentwürfe, in denen Nietzsche seine Abneigung gegen die Schwester ganz offen bekennt: „Begreift Ihr denn nichts von dem Widerwillen, den ich zu überwinden habe, mit solchen Menschen, wie Ihr seid, so nahe verwandt zu sein! Was bringt mich denn zum Erbrechen, wenn ich die Briefe meiner Schwester lese und diese Mischung von Blödsinn und Dreistigkeit, die sich gar noch moralisch aufputzt, herunterschlucken muss?“ (an Franziska Nietzsche; Entwurf, Februar 1884)
Elisabeth verkörperte für Nietzsche vieles von dem, was er innerlich ablehnte: das Engstirnige, das Bigotte und Schwerfällige im Denken, das Fehlen von Esprit und Humor. Sie war so etwas wie ein sehr reales Gegenbild zu jenem Ideal des Freigeistes, das Nietzsche Zeit seines Lebens vertrat. Der Freigeist als Mensch, der sich von den Konventionen der Gesellschaft löst, der über sich hinauswächst, der die Unsicherheit akzeptiert, die Ungewissheit auch in Bezug auf sich selbst. „Denken ohne Geländer“ hat die Philosophin Hannah Arendt eine solche Denkhaltung einmal genannt.
Es ist eine grausame Ironie des Schicksals, dass die Schwester Nietzsches nicht nur zur wichtigsten Nachlassverwalterin ihres Bruders wurde, sondern maßgeblich die Rezeption seines Werkes und damit die Wahrnehmung Nietzsches bis heute beeinflusst hat.
Elisabeth war nicht nur die Begründerin eines fragwürdigen Nietzsche-Kultes, sie griff in das Werk ein, sie manipulierte den Nachlass und scheute auch nicht davor zurück, Briefe, Notizen Nietzsches zu verbrennen, die offensichtlich nicht in ihr beschränktes Weltbild passten oder ein schlechtes Licht auf die Beziehung zu ihrem Bruder warfen. Wie viel verschwand, wir wissen es nicht, aber wir wissen, dass es geschah.
Die folgende Passage, die sich in den Notizen zu Nietzsches Autobiografie „Ecce Homo“ findet, blieb durch einen Zufall erhalten, nachdem sie von der Schwester verbrannt worden war. Der Mitherausgeber Heinrich Köselitz hatte zuvor eine Kopie angefertigt.
„Die Behandlung, die ich von Seiten meiner Mutter und Schwester erfahre, bis auf diesen Augenblick, flößt mir ein unsägliches Grauen ein: hier arbeitet eine vollkommene Höllenmaschine, mit unfehlbarer Sicherheit über den Augenblick, wo man mich blutig verwunden kann.“ (EH, KSA 6, 268)
Eines lässt sich mit Sicherheit sagen. Den „Willen zur Macht“ als selbstständiges Buch und als vermeintlichen Quintessenz der Philosophie Nietzsches, ohne Elisabeth Nietzsche gäbe es ihn sehr wahrscheinlich nicht. Sie war die treibende Kraft hinter dem Buch-Projekt. Es gibt Stellen in den Briefen Nietzsches, in denen er sein Schicksal vorauszuahnen scheint, nicht nur den geistigen Zusammenbruch, sondern zugleich die Gefahr, dass Menschen wie seine Schwester einst darüber befinden könnten, was wert und was unwert an seiner Philosophie ist.
Aber wie verhält es sich nun mit jenem vermeintlichen Hauptwerk Nietzsches, jenem „Willen zur Macht“? Alles nur eine Fälschung, ein großes Missverständnis, eine völlige Fehldeutung der Absichten Nietzsches? Nicht ganz. Zunächst brauchen wir etwas Klarheit. Worüber reden wir, wenn wir über den „Willen zur Macht“ reden?
Es ist wichtig, diese Ebenen auseinanderzuhalten und nicht in den Irrtum zu verfallen, der „Wille zur Macht“ sei eine bloße Fälschung (wie etwa die Hitlertagebücher). Die Idee oder das Konzept vom „Willen zur Macht“ ist für Nietzsche so zentral wie die Idee des Freigeistes oder des Nihilismus, sie lässt sich nicht als Fehlinterpretation seines Werkes aussortieren. Zugleich finden sich im Nachlass verschiedene Pläne für das Werk, Gliederungen, unterschiedliche Überschriften, Vorworte und einzelne Kapitel.
Entscheidend ist, dass Nietzsche den Plan zu seinem Buch aufgibt, bevor er wahnsinnig wird. Gegenüber Freunden distanziert er sich mehrfach von dem Projekt, hält es für undurchführbar, zweifelt am Aufbau des Werkes und seinem Stil.
Die größte Fälschung von Elisabeth Nietzsche und Heinrich Köselitz ist somit am Ende nicht die Kompilation selbst, sondern die Behauptung, es handle sich dabei um das Hauptwerk Nietzsches, um ein System seiner Philosophie, um den Abschlussstein dieser Philosophie.
Aber wie ist es nun um jenes ominöse Buch bestellt, wieviel Nietzsche steckt darin? Nun es steckt 99 % Nietzsche darin und vielleicht gerade mal 1% echte Fälschung im Sinne von Nachdichtungen. Doch dies sagt nicht viel über den problematischen Charakter des Werkes aus.
Viel wichtiger ist die Frage, in welchem Verhältnis steht das publizierte Werk zum gesamten Nachlass und zu Nietzsches eigenen Plänen und Überlegungen. Statt einer umfangreichen Exegese hier ein paar einfach und anschauliche Zahlen:
Entscheidend ist, dass keine dieser Änderungen, Kürzungen, Verlagerungen als solche von den Herausgebern kenntlich gemacht wurden. Elisabeth Nietzsche und Heinrich Köselitz beriefen sich bei ihrer Zusammenstellung auf ihre persönliche Nähe zu Nietzsche, auf ihre angeblich intime Kenntnis seines Werkes. In Wirklichkeit waren sie die ersten Apologeten seiner Philosophie, die ersten echten Nietzschianer.
Was ist ein Nietzschianer? Vor allem ein Wesen, vor dem Nietzsche selbst am nachdrücklichsten gewarnt hat: „Nichts liegt mir ferner als Proselyten zu machen. Niemand hat so wie ich vor dem Gefährlichen des Freien Geistes gewarnt und zurückgeschreckt.“ (Nietzsche an Sydlitz, 13.5.1978)
Nietzsche war sich immer der Möglichkeit, der Gefahr der Fehldeutung bewusst, der Gefahr Beifall von der falschen Seite zu bekommen. In einer Notiz zu einer geplanten Vorrede zum Willen zur Macht findet sich die folgende Formulierung: „Ein Buch zum Denken, nichts weiter: es gehört denen, welchen Denken Vergnügen macht, nicht weiter. Dass es deutsch geschrieben ist, ist zum Mindestens unzeitgemäß: ich wünschte es französisch geschrieben zu haben, damit es nicht als Befürwortung irgend welcher reichsdeutschen Aspirationen erscheint. (…) Die Deutschen von Heute sind keine Denker mehr: ihnen macht etwas Anderes Vergnügen und Bedenken. Der Wille zur Macht wäre ihnen schwer verständlich.“ (NL 9, KSA 12, 450)
Aber spricht all dies Nietzsche frei von der Mitverantwortung für Faschismus und Nationalsozialismus? Beruht all das auf einem Missverständnis. Können wir die einfache Formel aufstellen, ohne den „Willen zur Macht“ gäbe es diese Verbindung nicht?
Wohl kaum, wir würden dem gleichen Irrtum verfallen, dem jene faschistischen Apologeten Nietzsches verfallen sind, wir würden Nietzsche nicht ernst genug nehmen, wir würden es uns zu einfach machen. Das Ergebnis wäre ein verkleinerter, ein zeitgemäßer Nietzsche, ein fröhlicher Humanist. Er war auch das, aber er war zugleich vieles andere und vor allem immer auch das Gegenteil von dem, was schon seine Zeitgenossen gerne in ihm sehen wollten.
Jeder, der Nietzsche für seine politischen Zwecke, für seine Ideale vereinnahmen will, muss ihn fast zwingend auch fälschen, muss ganz wie Elisabeth Nietzsche und Heinrich Köselitz vieles weglassen oder bewusst überlesen. Und so mussten auch die Nationalsozialisten viel auslassen, um zu ihrer Nietzsche-Deutung zu kommen.
Nietzsche war kosmopolitisch und individualistisch. Und auch wenn sich einige seiner Texte durchaus antisemitisch deuten lassen, verabscheute Nietzsche die Antisemiten. Er goss seinen Spott über rüpelhafte und schwerfüßige Germanen aus und verhöhnte den ganzen Rasseschwindel.
Eine von vielen vergleichbaren Stellen aus den Briefen mag dies illustrieren:
„Zum Enthusiasmus für „deutsches Wesen“ hab ich s freilich wenig gebracht, noch weniger ab zum Wunsche, diese „herrliche“ Rasse gar rein zu erhalten. Im Gegenteil, im Gegenteil.“ (An Franziska Nietzsche, 14.3.1884)
Vor allem aber entgeht den meisten seiner Bewunderer und Apologeten das Doppelbödige, Widersprüchliche, Über-sich-selbst-Hinausweisende in seinen Texten.
In seinem noch heute sehr lesenswerten Nietzsche Essay warnt Thomas Mann: „Eine Kunst ist es auch, ihn zu lesen, und keinerlei Plumpheit und Geradheit ist zulässig, jederlei Verschlagenheit, Ironie, Reserve erforderlich bei einer Lektüre. Wer Nietzsche „eigentlich“ nimmt, wörtlich nimmt, wer ihm glaubt, ist verloren.“ (Thomas Mann, Nietzsches Philosophie im Lichte unserer Erfahrung, 1948)
Vor allem aber sollten wir die Warnungen Nietzsches selbst ernst nehmen, er wollte gerade keine Proselyten, keine Nachbeter, keine Schwärmer. Er wollte niemanden, der sich an seinen Werken berauscht, überhaupt war ihm alle Trunkenheit zuwider. Es sich nicht bequem machen, das Leben ernst nehmen, radikal ernst nehmen, das ist der große Imperativ von Nietzsches Philosophie. Und das bedeutet vor allem auch, es sich nicht in seinen Überzeugungen bequem zu machen.
04 – Zur Gestaltung
Jawoll: Es muss krachen! Lang war der Weg der Entwürfe von der Idee über erste Gedanken bis zu dem, was jetzt am Reileck steht (nur noch bis 30. November!). Erst spät leuchtete mir ein, wie aus Nietzsches Texten ein roter Faden für die Gestaltung würde. Ein gelber Post-LKW hielt eines Tages davor und machte den Weg klar. Eine Art Warnung, eine beunruhigend und zugleich einladende Absperrung sollte es werden: „Achtung Baustelle!“
Beim Lesen von Nietzsches Texten kann einem schon schwindelig werden. Er wirbelt die Grammatik herum, dass sie packt und nachhakt und wortweise zuschlägt. Die Gedanken kommen klar, leuchtend, brillant auf den Punkt gebracht. Manches verstört, über manches würde ich hart streiten. Alles klingt eigenartig fremd und inspirierend.
Eine Gestaltung daraus durfte nicht nett werden, nicht distanziert oder sympathisch! Sie
sollte aus dem Chaos schöpfen, hin und her springen, unwirsch einen Punkt anstreben und sich wieder verlieren. Kapitelweise, Schlag auf Schlag. Einhzelne Bereiche mögen logisch und simpel und geometrisch geordnet wirken. Doch blickt man weiter, um die Ecke herum, zerfällt es wieder und sucht erneut. Man könnte jeden Tag aufs Neue beginnen!
Die Reaktionen Vorbeigehender während des Beklebens passten hervorragend dazu: Von impulsiver Begeisterung bis laut ausgerufener Ablehnung war alles dabei. genau so fühlt sich Nietzsche an! Kein Fall für ein Denkmal.
Ein Fall für eine Baustelle!
Treten Sie näher!
05 – Wieso „Fälschung“?
Ein Buch Nietzsches geistert wie selbstverständlich durch die Welt, obwohl er es überhaupt gar nicht geschrieben hat. Im Klappentext wirbt „Der Wille zur Macht“ überdies vollmundig, sein „Hauptwerk“ zu sein. Wieder und wieder wird es gedruckt und verkauft. Ist das Betrug an den Käufern? Missbrauch und Verrat am Autor? Oder nebensächlich und Nebenwirkung seines Ruhmes?
Das Projekt im Kunst- und Projektraum Kiosk am Reileck habe ich überschrieben mit: „Fort mit der Fälschung!“ Das spricht dem Buch die Berechtigung ab, gedruckt und verkauft zu werden. Es weist ihm einen Platz in den Archiven zu. Als das was es ist: kein echter Nietzsche!
Einige Begriffe weisen in der Argumentation den Weg:
1. Zusammenstellung: Nietzsche hatte tatsächlich ein Werk unter dem Arbeitstitel: „Der Wille zur Macht“ in Arbeit. Aber er selbst hatte es verworfen und das Geschriebene unter dem Titel „Der Antichrist“ 1888 fertiggestellt. Es war Nietzsches Schwester, die nach seinem Tod aus der Idee ein Buch machte, das erstmals 1906 erschien. Aus verschieden Texten ihres Bruders stellte sie ein Buch zusammen, das wohl ihrer Vorstellung vom „Willen zur Macht“ entsprach. Insofern wäre es eher ihr zuzuschreiben. Aber geschrieben hat sie nichts davon, nur zusammengestellt. Eine Collage aber kann nicht den Quellen der Flickstücke zugeschrieben werden. Es kann kein Werk Nietzsches sein.
2. Auslassung: Die Zusammenstellung enthält Auslassungen, ohne dass diese kenntlich gemacht wurden. Jede Auslassung verändert einen Text. Mit höchster Vorsicht und Respekt vor dem Original muss umgegangen werden, um Sinn und Kontext zu erhalten. Schon ein einzelnes fehlendes Wort kann einen Satz in sein Gegenteil verkehren. Gravierend wirkt sich dabei aus, dass man beim Lesen nicht bemerkt, dass etwas fehlt, wenn alle zugrundeliegenden Texte aus der Feder desselben Autors stammen.
3. Nachlass: Wichtige Teile der im Buch „Der Wille zur Macht“ verwendeten Texte entstammen Nietzsches Nachlass. Inwieweit aber dürfen Schriften, Briefe, Texte eines Menschen nach seinem Ableben in die Öffentlichkeit gelangen? Ist es nicht das Recht jener Person, dass nur solche Texte veröffentlicht werden, von denen klar ist, dass die Person sie hat veröffentlichen wollen? Von einem Autor wie Friedrich Nietzsche sollte man ausgehen, dass er angesichts seines publizistischen Eifers sehr wohl abgewogen hat, was für die Öffentlichkeit bestimmt war. Und angesichts der Radikalität seiner philosophischen Überlegungen dürfte kaum überraschen, dass seine unveröffentlichten Notizen atemberaubend verstörende Gedankenexperimente und Gedanken enthalten. Diesen Nachlass zu plündern unter Vorgabe, der Autor selbst hätte es so geplant, ist ein schwerer Eingriff in seine Souveränität.
4. Fälschung: Die zugrundeliegenden Texte und ihre Gedankengänge wurden bewusst verändert und umgestellt. Das Original ist nicht originalgetreu wiedergegeben. Eine bewusste oder versehentlich falsche Wiedergabe ist verfälschend. Da handwerkliche Mängel nachweislich nicht Ursache waren, war es Vorsatz. Das Ergebnis ist kein Buch, das man Nietzsches Werk nennen kann. Es ist eine Fälschung.
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Für vertiefende Informationen zu den von mir hier zusammengefassten Ereignissen empfehle ich die relevanten Einträge auf Wikipedia sowie Andreas Urs Sommer: „Nietzsche und die Folgen“.
Und wer Nietzsche im Original lesen möchte: Es gibt bändeweise Lesenswertes.
06 – Das Buch: „Der Wille zur Macht“
Wikipedia:
Andreas Urs Sommer in: „Nietzsche und die Folgen“:
www.deutschlandfunk.de | Büchermarkt 22.07.2002:
Nietzsche-Archiv Weimar, www.klassik-stiftung.de:
Nietzsche-Haus Naumburg, www.mv-naumburg.de:
07 – Nietzsche Zitate
Hier die subjektive Auswahl von Nietzsche-Zitaten, die auf dem Kiosk abgedruckt sind:
08 – Finissage
Zum „Langen Abend der Galerien“ :
Samstag 30. November, ab 17 Uhr
Finnissage „Fort mit der Fälschung!“
Bringen Sie Ihre Exemplare von „Der Wille zur Macht“ mit, gemeinsam entschärfen wir sie und machen etwas Originales, Ehrliches, Gutes daraus!
Machwerke lassen sich zu Kunstwerken verwandeln, Plagiate zu Präsenten, Fälschungen zu etwas Fabelhaftem!
Auch wird Gelegenheit für Gespräche sein.
Original-Druckbögen der Plakatierung werden angeboten.
NIETZSCHE kann gelesen und diskutiert werden.
Rückmeldungen
… können Sie per E-Mail senden an: nietzsche175@ausleger.com
Zum Weiterlesen …
Giorgio COLLI und Mazzino MONTINARI:
„Friedrich Nietzsche – Kritische Studienausgabe“
dtv / De Gruyter 1967, Neuauflage 1999
Alles, was es von Nietzsche zu lesen gibt in 15 Bänden als preiswerte Taschenbuchausgabe. Sauber sortiert und auch einzeln käuflich. Womit man beginnen sollte, was sich zu lesen lohnt – das findet sich am einfachsten bei:
Andreas Urs SOMMER: „Nietzsche und die Folgen“
J.B.Metzler, Stuttgart 2017
Ein wunderbares Buch, das auf der Höhe der Zeit steht und einen kurzweiligen wie umfassenden Überblick über Nietzsches Leben und Schaffen bietet!
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